Knuspern Die Marmeladenstadt

Colin und Boris konnten nicht mehr. Tagaus, tagein Früchte schleppen bis der Betriebsarzt kam. Die Knochen schmerzten vom Schleppen, die Gehörgänge juckten von der unmenschlichen Kakophonie aus Industrielärm und den Playlists ihres Vorarbeiters Anne-James. Nicht genug, dass er Softjazz und Muzak liebte, nein – alle paar Tracks gab es einen seiner sogenannten „peinlichen Lieblingssongs“. Mal Coldplay, mal Katie Perry, öfters was von Taylor Swift. Zum Glück war der Akku von Anne-James immer ziemlich schnell leer. Dann musste das Telefon an die Powerbank und die Arbeiter hatten für ungefähr ein Stündchen endlich gefühlte Ruhe.  

In diesen Momenten des reinen Lärms, ungetrübt von Schlagerhaftem, fühlten sich Boris und Colin für kurze Augenblicke eins mit den Früchten, die hier in der Marmeladenmanufaktur in großem Stil verarbeitet wurden, um dann am Ende des Fließbands in scheinbar handverpackte, unregelmäßig beschriftete, mundgeblasene Kompotttöpfe abgefüllt zu werden, die dann auf den Weg zu den Endverbraucher*innen gebracht wurden (den „Klebschmatzern“, wie sie nur Colin und Boris im Geheimen nannten).  

Doch nur kurz war das einvernehmliche Durchatmen, dann kam Anne-James wieder mit neuem akustischen Stoff. Heute hatte er seinen Dark-Ambient-Tag, gemischt mit Alt-Country, den Boris und Colin am meisten hassten. Dann lieber Tania Shwain in Dauerschleife.

Aber nützte ja nix.