Neue Platten: Lily & Madeleine – „Fumes“

Cover des Albums Fumes von Lily & MadeleineLily & Madeleine – „Fumes“ (Asthmatic Kitty)

5,6

Harmonische Klaviermelodien, verträumtes Gitarrengezupfe und nahezu transparente Frauenstimmen, das sind seit jeher beliebte Geheimwaffen der Popmusik. Wenn diese Stimmen, die da aus den Boxen kriechen und einen zu umschmeicheln versuchen, wie im Fall von Lily & Madeleine dann auch noch zwei Schwestern gehören, dann ist das eine Konstellation wie aus dem Märchen. Nicht nur für die dahinterstehenden Mitarbeiter der Plattenfirma, in deren Augen sich die Dollarzeichen abzeichnen, sondern auch für alle, die im Folk sowohl eine verloren geglaubte Authentizität als auch das Heilsversprechen nach einer besseren Welt ohne Gegenwart, aber mit viel, wenn auch nicht selbst erlebter Vergangenheit suchen.

Das neue Album des US-amerikanischen Folk-Duos Lily & Madeleine „Fumes“ bietet das alles, und noch viel mehr. Denn die beiden genauso talentierten wie jungen Sängerinnen Lily und Madeleine Jurkiewicz besingen alles, was das Luxusproblem-Portfolio des behüteten Teenagerdaseins so hergibt: von Selbstzweifel in Liebesbeziehungen über allgemeine Wehmut bis hin zur existenziellen Verlorenheit und dem Wunsch nach Eskapismus. In „Ride Away“ heißt es etwa: „Work by the window seeing the sun, dance on the ground, deep in your thoughts nobody knows the treasure you found“, gefolgt von der Wiederholung der Worte „Ride Away“ und unterstützt vom einsetzenden Schlagzeugbeat, während der Bass spannungszersetzende Schlager-Quinten holzt.

Im Video zur Singleauskopplung „The Wolf Is Free“ inszenieren sich die beiden Schwestern als moossammelnde Elfen, die durch einen Wald schleichen, auf der Suche nach dem bösen Wolf. Dieser erweist sich am Ende als knuddeliges Tier mit treuem Hundeblick. Der böse Wolf, er bietet genau wie die Songs eine Projektionsfläche für geschundene Seelen, die sich nicht zu schade sind für etwas Kitsch im Alltag, an dem Lily & Madeleine aber eigentlich stets gekonnt vorbeischleifen. Zu vereinnahmend, zu unaufgeregt und ja, zugegeben, zu schön sind einige der Songs, um sie an dieser Stelle weiter mit Zynismus zu überfrachten. Und dennoch wirkt das Album trotz seiner vorgegebenen Homogenität seltsam unentschlossen. Denn während das subtile „The Wolf Is Free“, in dem die beiden Musikerinnen fast durchgehend zweistimmig singen und das sogar ohne richtigen Refrain auskommt, noch irgendwie anders klingt, sind viele andere Produktionen zu sehr an Erfolgsrezepten des zeitgenössischen Pop orientiert. So erinnert das in extrem viel Hall badende „Blue Blades“ zu sehr an die Retrokönigin Lana Del Rey. Doch den eigenen Stil zu finden, erfordert viel Zeit. Und die haben die erst 17 und 19 Jahre alten Schwestern allemal.

Label: Asthmatic Kitty
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