Efterklang – "Magic Chairs"

Other TruthEfterklang – „Magic Chairs“
VÖ: 19.02.2010
Web: www.myspace.com/efterklang
Label: 4AD
Kaufen: ”iTunes"

Als Efterklang im Herbst des letzten Jahres – also nur vier Monate vor dem Erscheinen von „Magic Chairs“ – ihr Album „Performing Parades“ veröffentlichten, sollte vielleicht ein Kapitel zum Abschluss gebracht werden. Dieses aus einer Live-Aufnahme bestehende Album ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit dem Dänischen Nationalen Kammerorchester. Im September 2008 hatten Efterklang zusammen mit dem Orchester ihr in 2007 erschienenes zweites Album „Parades“ – an dessen Entstehung über einen Zeitraum von mehr als 18 Monaten bereits etwa dreißig Gastmusiker beteiligt waren – mit noch mehr Personal komplett aufgeführt und somit wohl die orchestralen Möglichkeiten ihres Sounds und ihrer Songs endgültig ausgelotet. Und während Efterklang in Skandinavien unverändert auf ihrem eigenen Label Rumraket veröffentlichen, war „Performing Parades“ der letzte Release der Band auf dem Leaf Label, das bisher den Rest der Welt versorgte.

Diese Aufgabe erledigt nun das renommierte Label 4AD, und mit ihrem dritten regulären Album „Magic Chairs“ wenden sich Efterklang dem Pop zu. Es handelt sich selbstverständlich nicht um Pop im Sinne von Charts-Tauglichkeit, sondern im Sinne kompakterer Song-Strukturen und der Schaffung von Transparenz im Rahmen des eigenen Sounds. Hierfür steht bereits der vergleichsweise kurze und geradlinige Aufnahme-Prozess. Im Kern besteht die Band aus Kopenhagen nämlich lediglich aus Mads Brauer, Casper Clausen, Thomas Husmer und Rasmus Stolberg. Für die Aufnahmen kamen zudem einige befreundete Musiker aus dem Live-Line Up hinzu, unter anderem auch Peter Broderick und seine Schwester Heather. So unterscheidet sich „Magic Chairs“ deutlich von seinen beiden Vorgängern. Den elektronischen Elementen von „Tripper“ (2004) und dem orchestralen Sound von „Parades“ setzt „Magic Chairs“ organische und luftige Klänge entgegen. Die Instrumentierung mit Piano, Streichern, Flöten und Blechbläsern ist zwar nach wie vor opulent, aber diese Elemente werden jeweils behutsam in den Verlauf der einzelnen Songs eingebracht. So offenbart sich ein liebevolles Songwriting, denn die meisten Songs auf „Magic Chairs“ beginnen sparsam und sehr intim, aber nach und nach wird dann doch ein leicht orchestraler Sound entwickelt. All dies geschieht jedoch angenehm zurückhaltend und unaufdringlich.

Faszinierend ist, dass Efterklang mit „Tripper“, „Parades“ und „Magic Chairs“ auf hohem Niveau zwar drei völlig unterschiedliche Alben, aber dennoch einen eigenständigen und erkennbaren Sound produziert haben. Da macht es gar nichts, dass beim Hören von „Magic Chairs“ weit entfernt am Horizont gelegentlich die Namen Broken Social Scene und Slaraffenland aufblinken. Mit ihren Landsleuten von Slaraffenland verbindet Efterklang ohnehin eine Nähe, die nicht erst seit einem gemeinsamen Konzert unter dem Namen Slaraffenklang besteht. Die Musik von Slaraffenland wird in Skandinavien nämlich ebenfalls von Efterklangs Rumraket Label veröffentlicht. Zudem wird mit „Magic Chairs“ eine Parallele zu Slaraffenlands in 2009 erschienenem dritten – von der Welt leider nahezu unbemerkten – Album „We’re On Your Side“ deutlich, denn auch dort gab es im Gegensatz zu deren früheren experimentellen Klängen quasi eine Hinwendung zum Pop in dem oben beschriebenen Sinn.

Das Auge hört mit, und so achten Efterklang darauf, dass ihre Veröffentlichungen auch optisch überzeugen können. Die künstlerische Gestaltung von Hülle und CD lag wieder in den Händen von Hvass & Hannibal, und die haben ganze Arbeit geleistet. Das Album-Cover zeigt das Thorvaldsens Museum in Kopenhagen. In dem abgebildeten Innenhof hat der dänische Bildhauer Berthel Thorvaldsen (1770 – 1844) seine letzte Ruhestätte gefunden. Was jedoch wie eine ausschließlich computer-generierte Grafik erscheint, hat seine Basis tatsächlich in Aufnahmen des Fotografen Brian Buchard (www.brianbuchard.dk). Bei dem Fototermin haben etwa zwanzig Leute in dem Innenhof des Museums eigens für diesen Zweck genähte und eingefärbte Bänder durch die Luft gewirbelt. Dass der Boden des Innenhofs auf dem Cover wie Marmor erscheint, ist dem Zufall zu verdanken, dass die Fotoaufnahmen an einem regnerischen Tag stattgefunden haben.

So hält das Jahr 2010 mit „Magic Chairs“ und seinen zehn wundervollen, detailverliebten Pop-Perlen das nächste hervorragende Album bereit, dessen Highlight jedoch ausgerechnet das eher untypische „Raincoats“ ist. Zu Beginn des Songs wähnt man sich zwar beinahe bei den Les Humphries Singers, aber „Raincoats“ ist unverschämt catchy und cool. In die elektrische Gitarre und den Bass kann man sich einfach nur verlieben, und dazu gibt es dann noch Gesangslinien, die geradezu zum Mitsingen und -summen auffordern – was will man eigentlich mehr?!

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