Neue Platten: Die Zimmermänner – „Ein Hund Namens Arbeit“

Cover des Albums Ein Hund Namens Arbeit von Die ZimmermännerDie Zimmermänner – „Ein Hund Namens Arbeit“ (Tapete)

8,3

Die Erschaffung der luziferischen Perfektion. – Oder: Wie „Ein Hund Namens Arbeit“ von Die Zimmermänner in absurder Leichtigkeit die meistgehassten Musikgenres des Musikliebhabers vereint.

Am Anfang erschuf Musikgott Hildegard Knef. Hilde war eine wahrere Erscheinung, haute mit ihrem kratzigen Gesang die Nachkriegsdeutschen aus den Latschen und kam doch über das Chanson nicht hinaus.

Am zweiten Tag sprach Musikgott: „Papperlapapp, Chanson! Die Menschen müssen mitsingen, sich mitreißen lassen! Sie sollen schwofen und schwippen.“ Und so schuf er den Schlager.

Des Schlagers überdrüssig musste für Musikgott schnell ein neues Genre her: Die Neue Deutsche Welle. Mit Nena, Trio und Andreas Dorau gelang ihm ein wahrer Coup. Die Menschen waren außer sich. Sie vergaßen gar all ihren Anstand.

Potzblitz! Musikgott war not amused. Flux folgte am vierten Tag die Erschaffung des 70er-Jahre-Pop. Mehr Beat, mehr Disko, mehr Glitzer – weniger Exzesse. So der Plan. Mit ABBA, Vicky Leandros und Boney M. sollte dem Treiben ein Ende bereitet werden. Doch, welch Elend – der Mensch war beratungsresistent.

Also sprach Musikgott: „Gebet mir den 80er-Sound!“ Wenn nichts hilft, dann hilft Synthiesound. Regler rauf, E-Piano an, zweistimmiger Gesang. Nun war alles verloren. Es wurde getanzt, gejauchzt und gefeiert, keiner kam mehr seinen Verpflichtungen nach.

„Wer sich so verausgabt, soll eine Pause bekommen“, so Musikgott. Auf die wilden letzten fünf Tage folgte am sechsten Tag die Schaffung des Deutschpop. Vorne dran: Die Prinzen. Volkswitzige Konsenstexte mit einer Prise Esprit. Endlich aufatmen. „Doch nehmt euch in Acht! Am siebten Tag werdet ihr all eure Kräfte benötigen.“ Die Warnung des Musikgotts sollte nicht umsonst ausgesprochen werden, denn …

Am siebten Tag vollendete Musikgott sein Schaffen. Ihm gelang ein wahrer Streich. Er vereinte alle Errungenschaften der ersten sechs Tage in einem. So entstand: die Perfektion der meistgehassten Musikgenres des Musikliebhabers – Die Zimmermänner.

Die Zimmermänner hatten mit ihrem Werk „Ein Hund Namens Arbeit“ zwölf Stücke in die Welt gesetzt, die grotesk bis mitreißend, schwofig bis animierend, deutschpopig bis schlageresk waren. Detlef Diederichsen und Timo Blunck jonglierten geschickt mit Worten, reimten ungeschickt Verse und setzten gewitzt auf den altbekannten Hang zu einfachen Melodien.

„Ein Hund Namens Arbeit“ war eine geniale Platte, die manchmal beinahe ein bisschen angeberisch wirkte. So liebten Die Zimmermänner Querverweise auf Kultur, Politik und Gesellschaft, die die Menschen zum Grübeln brachten. Die Musiker bedienten sich spielend leicht der absurdesten Sinnzusammenhänge und reihten die einfachsten Melodien aneinander. Das alles war genial. Das alles war Ausdruck puren Könnens und großer Spielfreude. Das alles war der simple Beweis: Uncoolsein kann so cool sein.

Und Musikgott? Der lag zufrieden in den Federn und labte sich an seiner Selbstkrönung ob dieses Meisterwerks. Der Angeber.

Label: Tapete

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