Konzertbericht: Josiah Wolf in der Kantine am Berghain, Berlin, am 19. November

Josiah Wolf (Foto: Anticon)

Der ausgetrampelte Pfad zum Berghain, für viele eine Offenbarung, liegt verlassen im Licht der Neonröhren. Vom Inneren der quaderförmigen Gedächtnishalle tönt ein dumpfer Bass, der Soundcheck für ein Wochenende, an dem der Club alle Geschütze auffahren lässt. Marcel Dettmann, Ben Klock, Andre Galluzzi und Carl Craig. Innerhalb von zwei Tagen. „Die Sonne tönt nach alter Weise/
In brudersphären Wettgesang
/Und ihre vorgeschriebene Reise
 vollendet sie mit Donnergang“. Aus Goethes „Faust“ abgekupfert, tönt dieser Satz blechern als Intro des Kraftwerk-Instrumentals „Kometenmelodien“.

Links neben dem Berghain liegt, mittlerweile mit Laub bedeckt, die Berghain-Kantine. Im vorderen Teil erinnert die Kantine an einen gemütlichen Wintergarten, durch den Türbogen hindurch gelangt man zu Bühne und Bar. „Kometenmelodien“ verspricht der Veranstaltungstitel. Dabei wird an Bands und Interpreten gedacht, die der Masse nicht bekannt sind und das Berghain nicht füllen könnten. In der achten Ausgabe der „Kometenmelodien“ spielt das Ehepaar Wolf. Josiah Wolf, Bruder von Yoni Wolf und Mitglied der Folk-Pop-Band WHY?, und seine Ehefrau Liz Wolf haben eine Cover-EP aufgenommen und spielen das letzte Konzert ihrer Europatournee in der Kantine. Hier blättert die Tapete wie ein Tarnnetz von der Decke, die Uhr zeigt fünf vor zwölf.

Josiah und Liz Wolf sind stille Persönlichkeiten. Sie betreten die Bühne und schon die ersten gesungenen Worte von Liz Wolf packen das Publikum in eine dicke, warme Klangdecke. Das Duo arbeitet mit Loops und technischem Equipment, um die nötige Dichte ihrer Musik aufzubauen. Josiah Wolf spielt Schlagzeug und bedient dazu noch seine Gitarre und das Marimba. Liz schnalz und loopt den Klang zu einer Percussion-Spur, spielt Bass und Synthesizer. Ihre Stimme erinnert an Nina Persson von den Cardigans, doch sie singt weicher und sanfter.

Es sind vielleicht rund vierzig Leute bei den „Kometenmelodie“ am Samstagabend anwesend. Die Kantine ist nicht voll, aber auch nicht unangenehm schlecht besucht. Es ist eine Veranstaltungsreihe für Nischensucher und Entdecker. Die großen Namen spielen spät in dieser Nacht im Gebäude nebenan.

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