Konzertbericht: TV On The Radio

„I can’t believe what a beautiful night we’re having here tonight!“. Wenn Kyp Malone spricht, muss man sehr genau hinschauen, ob er es auch wirklich tut. Seine Bartpracht verschluckt jegliche Mimik, solange sein breites Grinsen nicht zu Tage tritt. Grinsen, das tat es gestern im Astra Kulturhaus, Berlin aber öfter. Die sichtlicht gut gelaunten Ausnahmemusiker von TV On The Radio setzten bis in die letzten Reihen ungeahnte Energiemengen frei, denen sich keiner entziehen konnte. Tunde Adebimpe hielt sich zwar mit Ansprachen zurück, bewegte sich aber so leidenschaftlich und mitreißend auf der Bühne, dass seine Botschaft auch verstanden wurde: Wir sind zurück und haben nichts von unserer Stärke bei Live-Auftritten eingebüßt. „Nine Types Of Light“ erschien dieses Jahr als viertes Studioalbum und übertrifft in seiner Konsonanz und Konzeption vieles, das die Band aus Brooklyn bisher veröffentlicht hat – keine leicht einzunehmenden Maßstäbe.

2011 ist wohl das einflussreichste und prägendste Jahr von und für TV On The Radio. Kurz nach den Aufnahmen von „Nine Types Of Light“ erlag der Bassist Gerard Smith seinem Lungenkrebsleiden. Die Veröffentlichung des Albums hat er nicht mehr miterlebt. Tunde Abebimpe ist seit letztem Monat verheiratet und David Sitek ist mittlerweile von der Ost- an die Westküste gezogen; naheliegend, dass das Album deswegen in L.A. aufgenommen und produziert wurde.

TV On The Radio spielten eine Setlist, die sich aus den Singles der ersten drei Alben und einer Auswahl von Songs des aktuellen Albums zusammensetzte. Dabei traf die Band auch auf das richtige Publikum, das scheinbar nicht nur aus eingeschworenen Fans, sondern auch aus auffallend vielen Kyp/Tunde-Lookalikes bestand. Vielleicht nahm Tunde auch deswegen während des Konzerts seine Hornbrille einfach ab.

„A heart doesn’t play by rules and love has its own demands“, Zeilen wie diese zeichnen die besonders liebevollen Songs des neuen Albums aus. Es wird wieder über Liebe und Leiden geschrieben Aber die Verletzlichkeit und Ehrlichkeit, ohne dabei zu gefühlsgeschwängert zu wirken, steht in jedem Satz im Vordergrund. Dabei gibt es auf „Nine Types Of Lights“ noch Stücke, die es in ihrer treibenden Kraft auch mit „Wolf Like Me“ aufnehmen können. Dieser bislang erfolgreichsten Single der Band wurde das eklektische „Repetition“ vorangestellt, eine Kombination, die eigentlich jedes Publikum erschöpft zurück lassen müsste. „We got to go…“ meint Tunde hilflos schulterzuckend, als nach dem vierten Lied der Zugabe der Applaus nicht abklingen mag. Fragt sich, ob das letzte Lied, der Titelsong von „Ghostbusters“ als Rausschmeißer gedacht war.

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