Sónar Festival 2011: Champagner für die Jünger – Tag 2

Von rene

Champagner für die Masse: Steve Aokis Set steuert auf Klimax und Effekt. – © 2011 Sónar Festival, Juan Sala

Das Sónar öffnete am zweiten Tag seine Pforten für alle, die nach dem vielfältigen Tagesprogramm noch Lust auf große Namen hatten. Beim Sónar By Night ging es am Samstagmorgen mit Dizzee Rascal, Steve Aoki und M.I.A. weiter.

Vom Plaça de Catalunya geht es mit dem Bus in die Fira Gran Via, wo in der neuen Messe Barcelonas das Sónar By Night stattfindet. Im Bus sitzen junge Mädchen aus England, die ihre Natas (spanische Puddinge) essen und über ihre Zigarettensucht sinnieren. An einer Haltestelle steigen Jungs mit Berliner Akzent ein, die erstmal die örtlichen Fahrkartentarife mit dem Fahrer diskutieren und damit kurz die Weiterfahrt verhindern. Der Bus ist gut gefüllt. Besonders angeregt unterhält sich ein spanisches Pärchen. Die Beiden stört es weniger, dass sie nur dicht gedrängt im Gang stehen können – mit dem Dosenbier in der Hand wird schon die Fahrt zur Party.

Am Ziel angekommen zeigt sich ein anderes Bild als noch am am Tag zuvor. Der Weg zum Festivalgelände ist menschenleer, nur der Strom des Sónar-Publikums belebt das eigentliche Messegelände Barcelonas in dieser Nacht. Je näher man dem Festival kommt, desto klarer werden die Musik – und vor allem der Bass. Am Einlass geht es zügig voran, niemand muss warten. Aus der leeren Umgebung ist mittlerweile ein kleiner Basar von verschiedenen Händlern geworden. Es riecht nach gegrilltem Fleisch, ordentlich Rauch steigt auf, ein bisschen Rausch liegt in der Luft und alle zwei Meter gibt es gekühltes Dosenbier.

Dizzee Rascal: Gegen Mitte des Auftritts kracht das DJ-Pult zusammen. – © 2011 Sónar Festival, Juan Sala

Unter den Dächern der Hallen kann das Sónar den ursprünglichen Zweck des Gebäudes nicht verbergen. Gerade, kahle Gänge führen die Gäste zu den Bühnen. In der Messe Barcelonas gibt es an diesem Morgen vier Bühnen auf denen das bunte Programm mit viel Lautstärke durch die hohen Hallen wummert. Die größte von ihnen ist der SonarClub, wo M.I.A. ihren Auftritt mit indischer Folklore einläutet. Die riesigen Bildschirme neben der Bühne zeigen dazu die passenden Animationen von Ganesha, der in kunterbunten Landschaften durch den Raum schwebt. Dann ist es soweit und M.I.A. – eine der Headliner des diesjährigen Sónars – steht auf der Bühne. Doch leider wird ihr Auftritt von der unausgewogenen Tonabmischung getrübt – ihre Stimme geht bei dem vielen Bass unter und hört sich nicht so gut an, wie man es gewohnt ist. Das ganze Drumherum aus Licht, Videos und Publikum macht es dann aber wieder irgendwie lohnenswert, wenn auch nur für 20 Minuten.

Im SonarPub, einer weiteren Bühne, gibt es ein anderes Bild. Ohne großes Tamtam rockt Dizzee Rascal den großen Platz vor ihm, der gerade bis zur Hälfte gefüllt ist, was trotzdem annähernd mehrere Tausend Menschen bedeutet. Dizzee ist nicht alleine auf der Bühne. Sein Team besteht aus seinem DJ, einem weiteren MC, der mit ihm die Menge anheizt und einem sporadischen Sänger, der bei einigen Songs dazukommt. Wie im letzten Jahr unterhält Dizzee sein Publikum blendend. Seine Hits „Holiday“, „Fix Up, Look Sharp“, „Sirens“ oder „I Luv U“ ermutigen die Menge zum kollektiven Springen und Tanzen. Die Stimmung ist jetzt um einiges ausgelassener als noch beim Sónar By Day am vorherigen Tag, das dagegen doch eher entspannt war. Die ersten Reihen reimen die Texte mit und werfen ihre Arme und Hände in die Luft, jedes Mal wenn Dizzee einen weiteren Hit hervorholt. Unbemerkt hat sich der Platz gefüllt und man blickt auf ein Meer von hüpfenden Dizzee-Fans. Gegen Mitte kracht dem DJ sein Pult zusammen, seine Technik verabschiedet sich. Doch schnell haben die Techniker das Problem gelöst und rechtzeitig zum großen Finale ist alles wieder in Ordnung.

M.I.A. läutet ihren Auftritt mit indischer Folklore ein. – © 2011 Sónar Festival, Oscar Garcia

„Bonkers“ bildet den Höhepunkt von Dizzees Show – wie auch schon bei vielen seiner anderen Konzerte, aber genau darauf hat die Meute vor ihm gewartet. Das Publikum feiert noch ein Stückchen heftiger, die Erschütterung der Tribünen am Rand ist deutlich spürbar. So wie bisher alle Auftritte endet auch der Auftritt von Dizzee Rascal straff nach Plan. Das Banner auf der Videowand kündigt das nächste Schwergewicht an. Nach wenigen Minuten erscheint im gleißenden Rampenlicht mit pechschwarzen, langen Haar der amerikanische Elektro-Heilige Steve Aoki vor seinen Jüngern, startet die Decks und lässt es gleich richtig krachen. Ganz anders als Dizzee Rascal legt der Mann aus den Staaten ein rave-orientiertes, minimalistisches und auf Höhepunkte getrimmtes Set ab. Ganz im Sinne der feierwütigen Meute ist Steve Aoki eine Inszenierung seiner selbst, es scheint als wäre er die Reinkarnation eines japanischen Jesus, der zu seinen Anhängern mit seinem durchs Mark dringende Set predigt. Es gibt viele Momente bei seinem Auftritt, in denen er sich seinem Publikum ganz hingibt. So stellt er sich auf das Pult und peitscht mit hochgehobenen, wippenden Armen das Publikum an; im nächsten Moment tritt er ans Ende der Bühne und lässt den Champagner zum Höhepunkt eines Tracks aus der Flasche auf die Menge schießen. Nach einer Weile gibt es aber keine Überraschungen mehr, weder in seinem energiegeladen, physischen Auftritt noch in seinem Set.

Die Musikerin Annie im SonarCar. – © 2011 Sónar Festival, Oscar Garcia

Steve Aoki und Dizzee Rascal liefern das Intro zum Morgen. Der Rest des Programms sorgt für die Prime Time und den Abspann des Festivals am Samstagmorgen. Ob Aphex Twin, Boys Noize, James Murphy oder Scuba – alle verstehen ihr Handwerk und lassen das Publikum bis zur Morgendämmerung ausgelassen feiern. Neben den großen Namen sind es aber auch kleine Künstler, die für Glanzlichter und schöne Momente sorgen – etwa Annie aus Norwegen vom Label „Smalltown Supersound“. Im SonarCar – eine Bühne im Stile eines Jahrmarktes – sorgt sie für die passende musikalische Untermalung. Ihr Set passt wunderbar zum Spaß im Autoscooter davor.

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Diskussionen

2 Comments
  1. posted by
    Rave News
    Jun 19, 2011 Reply

    News aus der Rave-Kultur…

    S?nar Festival 2011 ? Tag 2 : ByteFM Magazin…

  2. posted by
    Champagner für die Jünger « duofrei
    Aug 10, 2011 Reply

    […] Bericht erschien im ByteFM-Magazin. Du bist hier: duofrei » Text » Sónar Festival 2011 – Champagner für die […]

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