Licht am Ende des Darkrooms

Jens Friebe ist wohl das beste Argument für eine deutsche Liederquote in der Rundfunklandschaft. Sein viertes Studioalbum „Abändern“ wurde zwar im Oktober schon veröffentlicht, die Release-Party fand aber erst am 08.12. im Festsaal Kreuzberg statt. Ein sichtlich gut gelaunter Friebe überschüttete das Publikum mit Komplimenten und hielt sich selbst mit einer aufgeregten Bescheidenheit zurück. Jens Friebe + Band war auf den Veranstaltungsplakaten zu lesen, wobei die „Band“ aus einem Schlagzeuger und einer Bassistin/Gitarristin/Keyboarderin bestand. Eine überschaubare, aber zum Niederknien sympathische Combo verwandelte gute sechzig Minuten zu einem unterhaltsamen Konzert. Jens Friebes Eloquenz, mit der er zwischen den einzelnen Songs Anekdoten und Kuriositäten verpackte, zeigte, dass er nicht nur ein brillanter Musiker ist, sondern auch ein begabter Geschichtenerzähler. Es gab keinen Zweifel: Dieser Sänger sammelte sämtliche Sympathien im Raum ein.

An sich war der Abend keine Überraschung, alles entsprach den gängigen Vorstellungen. Das Publikum bestand (Achtung: Verallgemeinerung!) aus popkulturell interessierten Freiberuflern, mit Hornbrillen und lässigem Sacko über dem Baumwollhemd, die musikalische Intelligenzija Berlins.
Was alle verband, war die Begeisterung für die Sprachgewandtheit und das Textgefühl Friebes. Aber nicht nur das macht seine Musik aus. Es sind auch die vergleichsweise einfach gehalten Melodien und Songstrukturen. Nach einer Strophe hat man den musikalischen Aufbau verstanden und kann sich voll auf Friebes Worte konzentrieren. Seine Stimme und die akkurate Aussprache perfektionieren seine Bühnenpräsenz.

Dass die Release-Party im Festsaal eher eine Art Heimspiel und Freundeskonzert war, zeigte sich, als der Wahlberliner spontan zwei Freundinnen auf die Bühne holte, die kurzerhand als Background-Sängerinnen für „Königin im Dreck“ einsprangen. Es fühlte sich schlicht und einfach ungezwungen und natürlich an, wie Jens Friebe seine Songs spielte, zwischen Keyboard und Gitarre wechselte und sich die öligen Haare aus der Stirn strich. Keine Spur von gespielter Arroganz oder künstlicher Distanz: Spätestens bei dem Erklingen der ersten Akkorde von „Lawinenhund“ war klar, dass man hier mit den Menschen im Publikum mehr teilt als Schnittstellen im Musikgeschmack. „Es gibt Licht am Ende des Darkrooms“, die Wirkung dieser Sätze beruhigt und tröstet, auch wenn es unabänderlich (product placement!) dem Ende des Abends zu geht. Zum Schluss folgte das obligatorisch versöhnliche letzte Lied „Abend voller Glück“. Das Taxi, das uns fährt, wurde zwar nicht geteilt, aber in der U-Bahn saß man Menschen mit einem hellblauen Platten-Sleeve und geschwungener weißen Aufschrift gegenüber: Abändern. Alles, aber bitte nicht dieses Konzert.

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