Dumbo Tracks – „Move With Intention“ (Bureau B)
Wer oder was ist Dumbo Tracks? Der erste Teil der Frage lässt sich leicht beantworten: Dumbo Tracks ist Philipp Janzen. Der umtriebige Kölner Schlagzeuger und Produzent, bekannt als Teil der Gruppen Urlaub in Polen und Von Spar, benannte sein Soloprojekt nach den Dumbo Studios, die er in seiner Heimatstadt betreibt. Doch der zweite Teil der Frage ist etwas komplexer. Vor zwei Jahren noch gab es eine recht klare Antwort: Dumbo Tracks ist Janzens Outlet für krautig groovende Dub-Sounds, meisterhaft demonstriert auf seinem Debütalbum aus dem Jahr 2022. So weit, so gut.
Doch der nun erscheinende Nachfolger wirft alles wieder um. Vom Dub, der die erste LP „Dumbo Tracks“ noch stark definierte, ist auf „Move With Intention“ nicht viel übrig geblieben. Hier und da geistern noch lange Hallfahnen durch den Raum, doch mehr als Ausnahme denn als Regel. Stattdessen erklingen himmlische Flöten-Chöre, Jangle-Pop-Gitarren und knarzende Techno-Bässe. Im Vergleich zum im Studio komponierten Vorgänger arbeitete Janzen die neuen Tracks mit Live-Band aus, mit organischeren Ergebnissen. Und wie der Titel schon suggeriert ist diese LP in stetiger Bewegung. Der post-punkige Opener „Daughter Of Flood“ geht über in den DJ-Koze-esken Electronica-Funk von „Slow Despair“, der wiederum in das technoide „What If“ übergeht – das selbst zwischen Acid-Basslines und an Tirzah erinnerndem Geister-R&B oszilliert. Kein roter Faden hat lange Bestand.
Betörend ungreifbar
Für Struktur sorgen die Stimmen der vielen Gastsänger*innen, die Janzen hier (wie auch schon auf dem Debüt) versammelt hat. Einige sind noch vom Vorgänger bekannt, wie der genüsslich schwelgende Bariton vom Pariser Künstler Portable oder das leichtfüßige Crooning vom Kanadier Marker Starling. Doch der Großteil der Stimmen sind neu im Dumbo-Kosmos. Da ist zum Beispiel die Bonner DIY-Künstlerin Nothhingspecial, die gefühlvolle Flüster-R&B-Vocals zu „What If“ und „My Eyes Won’t Close“ beisteuert. Oder die Hamburger Musikerin Ada, deren Falsett-Stimme durch das mit Holzbläsern und Dreampop-Gitarren verzierte Baroque-Downtempo-Stück „Mica“ schwebt.
Doch der größte Star des Albums, neben Janzen, ist Rubee True Fegan, die Sängerin der Post-Punk-Hoffnungsträger*innen Smile. Mit ihren Spoken-Word-Vocals fungiert sie wie die Erzählerin dieses Albums. Deren Wörter zwar nicht viel erklären, aber allesamt in ihrer wunderbaren Weirdness hängenbleiben. Ihre betörend ungreifbaren Sätze sind der perfekte Kontrapunkt zu der betörend ungreifbaren Musik. „She pumped you from a lotion bottle / And spread you across her skin“, heißt es direkt im ersten Song. „A warble in my stomach / As I let the laws of attractions bend me“, dann später in „Mahnung“. Ein Song, dessen gitarrenlastiges Intro auch von ihrer eigenen Band stammen könnte, wenn er nicht in Dub-Noise kollabieren würde. Dass dieses Album trotz all dieser gegenläufigen Sounds nicht ausfranst, grenzt an ein Wunder. Also noch einmal: Wer oder was ist Dumbo Tracks? Philipp Janzen – und der kann sein, was er will.
Veröffentlichung: 21. Juni 2024
Label: Bureau B