Neue Platten: Sinkane – „Mean Love“

Cover des Albums Mean Love von SinkaneSinkane – „Mean Love“ (City Slang)

7,3

„My moon, je t’aime“. Den Mond zu lieben, ist gar keine so schlechte Idee. Denn im Gegensatz zu einem Menschen ist er in der Lage, allen erdenklichen Projektionen, mit denen wir geliebte Personen unwillkürlich überfrachten, standzuhalten. Jeden Tag und jede Nacht schwebt er am selben Ort im Himmel, über alle Zweifel erhaben und abhängig höchstens vom Sonnensytem.

Kann man also nur hoffen, dass der „moon“, den Ahmed Gallab aka Sinkane auf seinem neuen Album „Mean Love“ im traumwandlerischen „Moonstruck“ besingt, auch wirklich der echte Mond ist.

Um die Ambivalenzen und schmerzhaften Wahrheiten von Liebe, vielleicht um die böse, die unerwiderte Liebe, drehen sich viele Songs auf dem neuen Werk des aus dem Sudan stammenden New Yorkers – so auch der Titeltrack „Mean Love“, in dem Gallab seine Kopfstimme, die von sarkastischen Country-Gitarren beantwortet wird, wohl am stärksten beansprucht.

Während sich viele Songs stilistisch unterscheiden, von „New Name“, ein Afrobeatstück inklusive bombastischen Fanfarenarrangements, über den Retrofunk in „Yacha“ bis zu dem angerockten Soul in „How We Be“, werden alle Songs von Gallabs Falsettstimme zusammengehalten. Doch im Gegensatz zu seinen unüberhörbaren Vorbildern wie Curtis Mayfield, bei dem diese Technik noch ein Zeichen dafür war, dass die Souveränität verbaler Kommunikation sich in einem Übermaß von Euphorie entlädt, ist sie hier eher ein „Signet von Melancholie“ (Ueli Bernays).

Eine Melancholie allerdings, die von der weitgehend hoffnungsvollen Atmosphäre der Musik gebrochen wird. In „Omdurman“, dem nach Gallabs Heimatstadt im Sudan benannten Song, versteckt sich der allgegenwärtige Weltschmerz unter schlagerartig-fröhlichen Melodien. Mit den Zeilen des Schlußrefrains: „Where, if I should settle down, will I finally settle?“ findet Sinkane dann auch die richtigen Worte für eine frustrierte Generation junger Menschen, denen ihre Wurzeln abhandengekommen sind. „Mean Love“ ist eines dieser Alben, die mit dem mehrmaligen Hören immer besser werden. Bis man alle Zwischentöne unter der vermeintlich glatten Oberfläche entdeckt hat. Und auch wenn Sinkane es anders meinte, sich den Mond als Liebespartner zu wählen, das ist nach wie vor eine tolle Idee.

Label: City Slang | Kaufen

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