Die Gegenwart ist toll genug – die Hamburger Newcomer Trümmer

Trümmer (Foto: Robin Hinsch)Trümmer (Foto: Robin Hinsch)

An ihr erstes Konzert im Hamburger Molotow im April 2012 können sich die drei Jungs von Trümmer nicht mehr so richtig erinnern. Laut war es, voll war es und wild muss es auch zugegangen sein, denn Sänger Paul hat sich irgendwann im Schlagzeug wiedergefunden. Seitdem hat die Hamburger Band um Paul Pötsch, Bassist Tammo Kasper und Schlagzeuger Maximilian Fenski eine richtige Reise über die Bühnen der Nation hingelegt. Sie hat auf dem Haldern Pop, dem Deichbrand, dem Melt! und dem MS Dockville Festival gespielt und im Dezember letzten Jahres ihre zweite Deutschlandtour absolviert. Das alles ohne Debütalbum oder großes Brimborium im Internet. Nicht einmal eine Band-Website oder eine Facebook-Seite findet man von Trümmer. Das war eine bewusste Entscheidung.

Doch wer dahinter eine Marketingstrategie oder eine Absage an die On-Demand-Kultur vermutet, liegt falsch. „Zum Gründungszeitpunkt war es für uns nicht wichtig, den Leuten Bilder aus dem Proberaum zu zeigen“, sagt Bassist Tammo Kasper und Sänger Paul ergänzt: „Man will die Leute ja nicht mit Bullshit nerven.“ Viel wesentlicher war es für die Band, das Publikum auf Konzerten von ihrer Musik zu überzeugen. Dieses Konzept ist anscheinend nicht nur bei den Fans, sondern auch bei den Musikkritikern aufgegangen. Seit die Spex sie auf das Cover holte, findet man Trümmer auch im Kulturteil der Süddeutschen Zeitung. Im November hat die Band ihre erste Doppelsingle „In all diesen Nächten / Der Saboteur“ herausgebracht, das gerade aufgenommene Debütalbum soll dieses Jahr erscheinen. Die Veröffentlichungen erscheinen auf dem Hamburger Indie-Label Euphorie, das Tammo mit einem Freund betreibt. Auf der Doppelsingle schlagen die Jungs mit „In all diesen Nächten“ ruhige Töne an, während es bei „Der Saboteur“ rockiger und düsterer zugeht. „Die beiden Lieder zeigen zwei gegensätzliche Pole unserer Musik“, erklärt Tammo. Auch das Album wird sich um diese Pole herum bewegen und noch weitere Facetten hervorbringen.

Ihre Musik beschreibt die Band als eine Mischung aus Punk, Soul, Pop und Rock. Da scheppert bei einem Song das Schlagzeug wie bei einer Garagenband, während der Bass einen treibenden Lauf absolviert und beim nächsten klimpert die Gitarre in den zartesten Tönen, um mit Bass und Schlagzeug zu einem fast hymnischen Crescendo zu verschmelzen – natürlich fehlen auch die vokalen „Ahhs“ und „Ohhs“ nicht an dieser Stelle. Kennzeichnend für den Sound der Band ist Pauls Stimme, die Emotionen von zart bis hart in die deutschen Texte legt.

Das Label „Hamburger Schule“, mit dem sie oft konfrontiert und spätestens seit ihrer Story in der Spex in Zusammenhang gebracht werden, lehnen Trümmer ab. Das habe etwas zu kleines, zu regionales, das will man als Musiker nicht. Auch auf ihr Alter möchten die drei nicht reduziert werden, das ist ein wohl gehütetes Betriebsgeheimnis. „Das ist eine Frage zum Zurückwerfen. Wir werden sogar auf minderjährig geschätzt. Wir waren 16, 17, 18, aber selten 42, was der Wahrheit entsprechen würde“, so Paul mit einem Augenzwinkern.

Obwohl noch am Anfang ihrer Karriere, legen die drei Jungs ein großes Selbstbewusstsein an den Tag. Vielleicht mag es das Alter sein, auch wenn sie mit „42 Jahren“ noch wie im besten Studentenalter aussehen, vielleicht ist es aber auch die Überzeugung, mit ihrer Musik etwas auszusagen und zu bewegen. Und sei es nur, dass die Leute vor der Bühne die Augen schließen und mitgehen. Das ist laut Maximilian das schönste Kompliment, das Trümmer für ihre Musik je bekommen haben. Das zweitschönste kam von Tammos Mutter: Sie mag die Texte der Band.

Entstanden sind Trümmer aus einem Musikerkollektiv, das rund um den Hamburger Golden Pudel Club agierte. Die Besetzung wechselte ständig. Paul saß am Schlagzeug und der Tourbusfahrer war eigentlich mal der Bassist. Mit dem Dazustoßen von Maximilian war die Band in ihrer heutigen Besetzung geboren. Die Musik von Trümmer entsteht größtenteils im Proberaum. Beim Jammen wird eine Melodie gesucht, für die Paul anschließend einen Text schreibt. Manchmal treffen sich Paul und Tammo aber auch ganz romantisch nachmittags bei einer Flasche Rotwein und spielen einfach ein bisschen. Die Endabstimmung über die Songs geschieht allerdings immer im Kollektiv: „Wir würden keine Lieder spielen, hinter denen wir nicht alle stehen.“

Wo es für die Band noch hingehen wird, steht in den Sternen. Erst einmal wird nur von Konzert zu Konzert gedacht. Die Gegenwart ist toll genug, da braucht man noch keine Zukunftsmusik. Aber irgendwann einmal in Großbritannien spielen, das wäre was. Als Headliner auf dem Glastonbury am Samstagabend auf der Bühne stehen oder im Nachbarland Dänemark das Roskilde Festival rocken. Auch mit 42 kann man schließlich noch träumen.

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