Flying Lotus – "Until The Quiet Comes"

Flying Lotus - Until The Quiet ComesVÖ: 28.09.2012
Web: flying-lotus.com
Label: Warp

Da ist ein bisschen Free Jazz, ein bisschen HipHop, Synthies, zarter Frauengesang; es ist die Schale Gebäckmischung beim Elektronik-Kaffeeklatsch. Erwähnenswert sind die Basslinien, die seiner Blutsverwandschaft zum Jazz alle Ehre machen, schließlich ist er um ein paar Ecken mit Alice Coltrane, Pianistin und Ehefrau der Legende John Coltrane verwandt. Atmosphärisch erscheint es weit, nichts für Disco des Vertrauens.

Er, das ist Flying Lotus, dessen viertes Album nun zum Monatswechsel erscheint. Es heißt „Until The Quiet Comes“; ein guter Titel für etwas, das prinzipiell Geräusche macht und endlich ist. Der Kurzfilm, der seit einiger Zeit Werbung für das Album auf der Website Steven Ellisons, so heißt Herr Lotus bürgerlich, macht, hat bestimmt nicht dazu beigetragen, Vorfreude zu schmälern. Außerdem beweist er, dass man zu Flying Lotus doch tanzen kann. Irgendwie.

Mit „All In“ wird sich nicht groß mit Vorgeplänkel aufgehalten. Das Album beginnt so, wie es sich auch in den nächsten 45 Minuten beziehungsweise 17 Songs nicht ändern wird. Flying Lotus macht keine Musik fürs Nebenbei. Dann wäre es nur eine besonders gut gelungene Version von scheinbar willkürlich hintereinander gespielten Sounds und ohne Hilfe der Trackanzeige wüsste man gar nicht, dass man mitten in einem neuen Lied ist. Erst recht nicht, seit wann. Also Konzentration, bitte. Man muss sich auf ihn einlassen, dann entfaltet sich die Ausstrahlung und Logik in der Musik. Dann kann man abdriften und alles um sich herum sein lassen.

Allerhand Volk ist auf dem Album zu Gast. Die schon fast als Flying-Lotus-Veteranen benennbaren Laura Darlington und Thundercat, oder die Queen of Leftfield R&B Erykah Badu, gleich zweimal Niki Randa und auch Radiohead-Frontmann Thom Yorke. Letzterer singt im vermutlich besten Song „Electric Candyman“ – wenn man denn überhaupt ein Lied auf der Platte besser finden kann als andere. Die einzelnen Tracks sind selbstredend verschieden, aber, wie schon erwähnt, sind die Grenzen schwammig. Die Gefahr, sich beim Hören zu verlaufen, ist hoch. Darf man bei Flying Lotus überhaupt von „Liedern“ sprechen? Oder sind klassische Begriffe wie „Motiv“ oder „Phrase“ besser geeignet?

Bei einem Album wie „Until The Quiet Comes“ hat Flying Lotus bestimmt nichts dem Zufall überlassen. Daher könnte man auch mal überlegen, welche Funktionen die Songs innerhalb des Gesamtwerks haben könnten. „Getting There“ mit Niki Randa und viele andere – vielleicht sogar die meisten – Songs haben einen stark überleitenden Charakter und scheinen auf etwas hinzuarbeiten. Es wird nur nicht klar, wohin. Hier soll sich nicht in wilde Hypothesen und Überinterpretationen gestürzt werden, die Musik führt in diesem Fall aber dazu, stark darüber nachzudenken, was man gerade hört. Oder steckt in Flying Lotus weniger Bedenkenswertes, als man glaubt?

Wie auch immer die Antwort ausfallen mag, auch oberflächlich betrachtet hat Flying Lotus auf seinem vierten Album gezeigt, was er kann.

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Jeden Tag von Montag bis Freitag spielen wir im ByteFM Magazin zwischen 10 und 12 Uhr einen Song aus unserem Album der Woche. Ebenso im ByteFM Magazin am Nachmittag zwischen 15 und 17 Uhr und im ByteFM Magazin am Abend ab 19 Uhr. Die ausführliche Hörprobe folgt am Freitag ab 13 Uhr in Neuland, der Sendung mit den neuen Platten.

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