Light Asylum in Hamburg: Wer hat hier die Hosen an?

(Light Asylum)Light Asylum

Aus dem kleinen Saal auf Kampnagel, dem internationalen Zentrum für schönere Künste in Hamburg, tönt flippige Elektromusik. Denken wir noch von außen, dass es sich dabei um die Vorband von Light Asylum handelt, werden wir beim Betreten des Raumes eines Besseren belehrt; das gute weiße MacBook und die stilsichere Frau hinter der Theke sorgen hier für den Sound. Der Saal ist beschaulich gefüllt, die Bühne verschwindet hinter Nebelwänden und irgendwann geht dann auch die Musik aus. Unangenehme Stille.

Kurze Zeit später wird langsam das Licht gedimmt, wir klatschen. Light Asylum, das New-Wave-Duo aus Brooklyn, New York, betritt leichtfüßig die Bühne. Er, Bruno Coviello, nimmt Position hinter dem Casio-Keyboard und den Synthesizern ein. Seine Frisur ähnelt unglücklicherweise der Ingo Appelts, sein T-Shirt sagt „Siouxsie And The Banshees“ in Großbuchstaben. Sie, Shannon Funchess, hat sich was ihren Haarschnitt betrifft vermutlich von Desireless („Voyage Voyage“) inspirieren lassen, trägt auffällige Ohrringe und einen bösen Blick. Dieser wird uns übrigens das ganze Konzert hindurch begleiten. Als sie sich hinter die E-Percussions stellt – die Sticks sicher in der Hand – legt sich der Applaus.

Der Song „Hour Fortress“ setzt mit peitschenden Elektroschlägen ein. Intensiv verspielte, hypnotische Klänge schwirren durch unsere Köpfe. Eine frische Elektrizität zieht bis in unsere Fingerspitzen und lässt viele aus dem Publikum zuckend wie Blondie und Martin L. Gore tanzen. Verrückt! Auch Funchess bewegt sich wie in einem Power-Aerobic-Video: Energetisch und gleichzeitig choreografisch schlägt sie auf die Drum-Pads ein. Ihr außergewöhnlicher Gesang hallt durch den kargen Raum. Mal klingt sie wie ein aggressiver Mann, mal wie eine zischende Schlange, mal wie die Grazie eines Gospelchors.

Gleich nach dem ersten Song wird klar, wer hier die Hosen an hat. Funchess kommandiert: „Mein Mikro muss lauter!“ und „Weniger Licht!“. Dabei zeigt sie einschüchternd mit beiden Zeigefingern in Richtung Mischpult. Dann geht’s weiter im Takt mit „Heart Of Dust“, „Pope Will Roll“ und „IPC“. In all diesen Songs untermalt sie ihren Gesang mit Mimik und Gestik, zeigt uns den Stinkefinger und singt: „Fuck them, taking our freedom, biting our hands, no more, man! Taking the stand!“ Sie setzt sich förmlich Hörner mit ihren Sticks auf, während sie vom Teufel singt. Doch eigentlich erinnert Funchess dabei eher an einen Stier, wild suchend nach einem roten Tuch.

Die unheimliche Gelassenheit Coviellos bietet zu all dieser Aggressivität einen ruhigen Gegenpol. Den Blick permanent nach unten gerichtet, spielt er gekonnt auf dem Keyboard und regelt an den Synthies, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan. Wenn Funchess unzufrieden mit dem Kopf schüttelt und wütend etwas in seine Richtung ruft, reagiert er gar nicht und stachelt Funchess damit noch mehr auf. Balladenhafte Stücke wie „Shallow Tears“ werden dadurch mit bösen Augen und scharrenden Hufen präsentiert.

Funchess‘ facettenreiche Stimme hinterlässt uns mit aufgerissenen Augen und einem lobenden Pfeifen. Getanzt wird ohnehin die ganze Zeit, besonders zum Hit „A Certain Person“, mit dem Light Asylum ihr Konzert beenden wollen und zum Mitsingen aufrufen.

Nach langem Beifall und Bitten gibt es dann noch eine Zugabe: „Angel Tongue“, einen knapp siebenminütigen Song. Doch bevor Light Asylum damit beginnen, bekommen wir noch von Funchess den Rat zu hören: „Fliegt bloß nicht mit TNT Airways! Die nehmen viel zu viel Geld fürs Gepäck.“ Und gestellt lächelnd: „Dimmt das Licht noch mehr!“

Light Asylum sind auf Tour – präsentiert von ByteFM:

07.06.2012 Berlin – Berghain
08.06.2012 Frankfurt – Zoom
09.06.2012 München – Atomic Café

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