Mittekill – "All But Bored, Weak And Old"

VÖ: 13.04.2012
Web: http://www.mittekill.de
Label: Staatsakt

Mittekill wehren sich nicht nur nicht gegen Berlin-Mitte-Gentrifizierungsmetaphern, sie machen ordentlich mit. Ihr Cover verzieren verwelkte Blumen – hip, aber ungentrifitorisch, so wie der unsanierte Berliner Altbau. Die Band dagegen ist saniert – und der Vergleich stammt von der Band selbst: „Mittekill, das alte Berliner Haus, steht noch. Die Fassade wurde gestrichen und das Innenleben gentrifiziert. Eigentümer Freedarich hat die innere Brache kernsaniert …“

Zu Mittekill gehörten neben „Eigentümer“ Freedarich alias Friedrich Greiling zuvor noch Neurot aka Jan Hohmann, den man nun in keinen Credits mehr findet – er soll sich jetzt in keinem geringeren Stadtteil als Berlin-Mitte der Familie widmen. Mit ihm entstanden die ersten beiden Alben, ein paar Singles und EPs, die alle nicht schlecht in der Kritik ankamen (man erinnere sich an Ergüsse wie „Wasser Oder Wodka“ und „Harter Rok“). Vielleicht zerbrach die durch Kontaktanzeige hergestellte Beziehung letztendlich? Das Bauteam wird jedenfalls jetzt unterstützt von Sven Ulber, Johannes Marx und Mirco Bernhard. Ihre Funktionen/Instrumente in der gleichen Reihenfolge: Ex-Rich and Kool und Nachlader, Pitchtuner, E-Kreisel. Was auch immer die Besetzung nun zu bedeuten hat, es geht um das, was um Sänger und Chef Freedarich entsteht und das ist „All But Bored, Weak And Old“.

Es ist ein gutes Album voller Ironie und Großstadtphilosophie. Musikalisch finden wir teils übertriebene, teils sehr gute elektronische Sounds aller momentan trendigen Spielarten, NDW-Inspiration und einige indiehafte Singer/Songwriter-Melodien. So im ersten Song „Leb Wohl“, der einen überlegen lässt, ob die Playlist falsch herum abgespielt wird. Doch es muss nicht alles immer anerkannt laufen. Und genau darum geht es bei Mittekill: Anders sein ist cool, und dass sie damit den Nerv der alternativitätsverwöhnten Jugend treffen, wissen die Berliner. Das ist das Spiel. Sie machen auch mal blöde Sounds, die genauso attraktiv sind wie das, was sie vermeintlich ernst nehmen (nehmen sie überhaupt etwas ernst?).

Textlich sieht das auch deshalb alles eher nach Geschmackssache aus: „Beim Blick auf ein belangloses Schild / hat mich kein Gedanke gekillt / an die abgefuckteste Nacht / was hat sie noch gleich gesagt?“
Oder: „Das zieht der voll durch mit dem Rock / ihr habt kein’ Drive / er hat kein’ Bock“
Oder: „Ich will eure Jobs nicht / bei euren Jobs kotz’ ich / es ist vielleicht protzig / aber ich will eure Jobs nicht / wenn Autos sich stauen / küss ich lieber Frauen“
Die letzten Zeilen stammen aus der Singleauskopplung des Albums. Freedarich läuft in der tiefstehenden Sonne durch Berliners fragile Ostkreuzbrache und klebt verwegen seine Parolen an die Graffiti-gepflegten Wände Südfriedrichhains.

Das ist so dermaßen in die Hipsterbewegung eingepasst und sollte auf hohe Anerkennung treffen, dass es nicht ernst gemeint sein kann. Berliner Hipsterness und die ganze alternative Coolness dieser Stadt wird hier so perfekt dargestellt, dass es fast wie eine sozialwissenschaftliche Studie anmutet. Die Mittekiller führen den Mittesound ad absurdum und zeigen dem Hipster erneut, was er da eigentlich tut. Hip zu sein und es scheiße finden – damit sind Mittekill momentan nicht die Einzigen, aber sie machen es gut.

Das ByteFM Album der Woche – mit freundlicher Unterstützung von Panasonic.

Jeden Tag von Montag bis Freitag spielen wir im ByteFM Magazin zwischen 10 und 12 Uhr einen Song aus unserem Album der Woche. Ebenso im ByteFM Magazin am Nachmittag von Montag bis Samstag zwischen 15 und 17 Uhr und im ByteFM Magazin am Abend, montags bis freitags ab 19 Uhr. Die ausführliche Hörprobe folgt am Freitag ab 13 Uhr in Neuland, der Sendung mit den neuen Platten.

Unter allen Freunden von ByteFM verlosen wir einige Exemplare des Albums. Wer gewinnen möchte, schreibt eine E-Mail mit dem Betreff „Mitte“ und seiner/ihrer vollständigen Postanschrift an radio@byte.fm.

Label: Staatsakt | Kaufen

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